Neuropathie – Ursachen und Behandlung
Bei einer Neuropathie sind die Nerven geschädigt. Wichtige Ursachen, Symptome und wie die Erkrankung behandelt wird.
Die Neuropathie ist eine ernste Angelegenheit, weil mehrere Nerven im Körper Schaden nehmen. Dann funktioniert die Kommunikation zwischen den Nervenzellen sowie zwischen Nerven und der Muskulatur nicht mehr richtig. Lesen Sie, was eine Neuropathie genau ist, warum Menschen mit Diabetes besonders oft darunter leiden und wie Nervenschäden mit einem Vitamin-B1-Mangel zusammenhängen. Außerdem: Alles über die Symptome bei Neuropathie – von Kribbeln in den Beinen bis Brennen in den Füßen. Erfahren Sie auch, wie sich die Nervenschäden behandeln lassen sowie die besten Tipps und Hausmittel.
Was ist eine Neuropathie?
Neuropathie ist ein Überbegriff für Erkrankungen der peripheren Nerven („peripher“ bedeutet „am Rande“). Dazu zählen alle Nerven des Körpers – mit Ausnahme der Nervenzellen im Gehirn und Rückenmark (= Zentrales Nervensystem, ZNS). Diese peripheren Nerven haben ihren Ursprung im Rückenmark und ziehen von dort aus in den gesamten Körper: zu den Muskeln, der Haut, den inneren Organen und Drüsen. Zuständig sind die Nerven für die Weiterleitung von Reizen.
Periphere Nerven sorgen dafür, dass ein Mensch über die Haut Berührungen, Druck und Schmerzreize wahrnehmen kann (sensible Nerven). Außerdem steuern sie die Aktivität der Muskulatur (motorische Nerven). Und sie kontrollieren die Tätigkeit von inneren Organen (Atmung, Verdauung, Blasenfunktion) sowie den Stoffwechsel (autonome Nerven). Ohne periphere Nerven funktioniert also nichts im Körper.
Bei einer Neuropathie können einzelne Nerven erkrankt sein (Mononeuropathie), aber oft sind mehrere betroffen. Ein Synonym für die Neuropathie ist daher Polyneuropathie, was übersetzt so viel wie „Krankheit vieler Nerven“ bedeutet. Sie betrifft die peripheren Nerven und die Reizweiterleitung funktioniert nur eingeschränkt oder gar nicht mehr. Zudem können verschiedene Bereiche einer Nervenzelle geschädigt sein, zum Beispiel der Nervenfortsatz (Axon), der mit einem elektrischen Kabel vergleichbar ist. Aber auch die schützende Ummantelung der Nervenzelle, das Myelin, kann Schaden nehmen. Zudem kann die Durchblutung gestört sein.
Eine Neuropathie kann verschiedenste Ursachen haben. Am häufigsten ist jedoch die Zuckerkrankheit Diabetes mellitus der Grund. Wenn der Blutzuckerspiegel bei Menschen mit Diabetes nicht gut eingestellt und über längere Zeit erhöht ist, können Nervenschäden entstehen. Hohe Zuckermengen im Blut greifen nämlich nicht nur die Gefäße an, sondern setzen auch den Nerven zu. Fachleute schätzen, dass etwa jeder zweite Mensch mit Typ-2-Diabetes im Laufe seines Lebens diabetische Nervenschäden entwickelt. Ungefähr 30 von 100 Menschen mit Typ-1- oder Typ-2-Diabetes haben eine periphere diabetische Polyneuropathie.
Die Nervenschäden bei Diabetes können auch mit einem Vitamin-B1-Mangel in Zusammenhang stehen. Eine Unterversorgung mit Vitamin B1 kann Neuropathien auslösen oder verstärken. Vitamin B1 – auch Thiamin oder früher Aneurin genannt – ist nämlich für die Nervenfunktion unabdingbar. Daher heißt es umgangssprachlich auch „Nervenvitamin“. Bekannt ist, dass Zuckerkranke ein erhöhtes Risiko für eine Unterversorgung mit Vitamin B1 haben. Denn ein erhöhter Blutzuckerspiegel lässt den Vitamin-B1-Bedarf steigen und sorgt gleichzeitig dafür, dass die Ausscheidung von Thiamin über die Nieren und den Urin erhöht ist.
Bemerkbar macht sich die Neuropathie meist durch Empfindungsstörungen wie Kribbeln in den Beinen, Brennen und Taubheitsgefühlen an den Füßen, aber auch durch Nervenschmerzen.
Was sind die Ursachen für eine Neuropathie?
Polyneuropathie: Ursachen sind zahlreich
Ärztinnen und Ärzte kennen mehr als 200 verschiedene Ursachen für die Nervenkrankheit Polyneuropathie. Aber es gibt zwei Hauptauslöser: die Zuckerkrankheit Diabetes mellitus und chronischer Alkoholmissbrauch.
Die Neuropathie kann zudem im Lauf des Lebens erworben (deutlich häufiger) oder angeboren sein (seltener) – dann besteht sie schon von Geburt an.
Neuropathie: Ursache ist oft Diabetes
Am häufigsten ist Diabetes mellitus die Ursache für die Polyneuropathie. Bis zu einem Drittel (30 Prozent) aller Menschen mit Diabetes Typ-1 und Diabetes Typ-2 entwickeln Schäden an den peripheren Nerven als Folge ihrer Zuckerkrankheit. Mit zunehmendem Alter steigt die Rate der Betroffenen.
Menschen mit Diabetes erkranken in der Regel besonders früh und schwer an der Neuropathie, wenn sie Schwierigkeiten mit der Einstellung ihrer Blutzuckerwerte haben oder sich nicht ausreichend um ihren Blutzuckerspiegel kümmern. Je länger die Zuckerkrankheit besteht, desto höher steigt auch das Risiko, eine Polyneuropathie zu entwickeln.
Was viele nicht wissen: Eine Neuropathie kann sich frühzeitig entwickeln. Nicht selten entstehen Nervenschäden bereits im Vorstadium des Diabetes (= Prädiabetes), also lange vor der eigentlichen Diagnose. Viele Betroffene wissen in diesem Stadium meist noch nichts von ihrem gestörten Zuckerstoffwechsel. Bei Diagnose eines Typ-2-Diabetes können daher bereits Neuropathien vorliegen.
Ein Vitamin-B1-Mangel kann solche Nervenschäden begünstigen. Menschen mit Diabetes gehören zur Risikogruppe für eine Unterversorgung mit Thiamin. Studien zeigen, dass die Vitamin-B1-Konzentration im Blutplasma bei den untersuchten Diabetikern im Vergleich zu Gesunden um durchschnittlich 75 bis 90 Prozent niedriger lag. Hier sind mehrere Mechanismen am Werk: Erstens haben Menschen mit Diabetes aufgrund eines erhöhten Blutzuckerspiegels einen gesteigerten Vitamin-B1-Bedarf. Zweitens ist die Ausscheidung von Vitamin B1 über die Nieren erhöht. Zuckerkranke sollten daher ihre Versorgung mit Thiamin gut im Blick behalten.
Die Neuropathie verläuft bei jedem Zuckerkranken anders, entwickelt sich aber meist schleichend über mehrere Jahre hinweg und betrifft viele Nerven.
Was viele unterschätzen: selbst bei einem von außen gesund aussehenden Fuß können die Nerven im Inneren schon geschädigt sein.
Die Neuropathie bei Diabetes lässt sich in verschiedene Erscheinungsformen einteilen:
- Symmetrische Polyneuropathie: Die Beschwerden beginnen in den Füßen, später erkranken auch die Hände und Beine. Die vom Körperzentrum am weitesten entfernten Nervenfasern erkranken zuerst. Mediziner sprechen auch von einem strumpf- und handschuhförmigen Muster. Meistens sind die Symptome beidseitig und auf symmetrisch verlaufende Areale begrenzt. Typisch für die Erkrankung sind gestörte sensorische Empfindungen wie Kribbeln, Taubheitsgefühle bis hin zu einer reduzierten Wahrnehmung von Schmerzen durch Verletzungen. Auch die Kommunikation zwischen Nerven und Muskulatur baut sich zunehmend ab. Etwa jeder dritte Diabetiker bekommt eine symmetrische Polyneuropathie. Das Durchschnittsalter der Erkrankten liegt bei ca. 65 Jahren.
- Autonome Neuropathie: Dabei nehmen jene Nerven Schaden, die mit Herzschlag, Blutdruck und Blutzucker in Verbindung stehen und die Tätigkeit der inneren Organe beeinflussen. Aber auch der Stoffwechsel, die Verdauung, Blasenfunktion oder Sexualität kann leiden. Die autonome Neuropathie tritt bei etwa der Hälfte aller Diabetiker nach einer Krankheitsdauer von ungefähr 20 Jahren auf.
- Fokale Neuropathien: Hier sind nur wenige Nerven geschädigt. Typisch für diese Form ist, dass die Beschwerden sehr plötzlich auftreten und sich nicht wie sonst allmählich entwickeln. Am häufigsten kommt die diabetische Amyotrophie vor. Dabei ist die Durchblutung eines Beinnervengeflechtes gestört, was sich durch heftige Schmerzen am Oberschenkel, Bein oder an der Gesäßhälfte bemerkbar macht. Auch die Augenmuskeln können betroffen sein. Erkrankte sehen dann Doppelbilder oder verspüren Schmerzen hinter dem Auge.
Meist nimmt die Polyneuropathie ihren Anfang in den unteren Extremitäten. Es besteht das Risiko, dass sich ein diabetischer Fuß (diabetisches Fußsyndrom) entwickelt. In 85 bis 90 Prozent der Fälle ist eine Polyneuropathie an der Entwicklung eines diabetischen Fußsyndroms beteiligt. Weil die Betroffenen ihr Schmerzempfinden aufgrund der Nervenschäden einbüßen, bemerken sie Wunden oder Verletzungen am Fuß nicht oder nicht rechtzeitig. Solche Wunden können zum Beispiel durch drückendes, zu enges Schuhwerk entstehen. Das Gewebe stirbt ab und offene Wunden sind ein idealer Nährboden für Bakterien und andere Krankheitserreger – sie lösen schwerwiegende Entzündungen aus. Das diabetische Fußsyndrom ist in Deutschland ein häufiger Grund für Amputationen.
Neuropathie durch Alkoholkonsum
Auch langjähriger, hoher Alkoholkonsum kann eine Neuropathie auslösen. Alkohol gilt als „Nervengift“ und stört die Weiterleitung von Reizen und Signalen. Bei der Polyneuropathie aufgrund chronischen Alkoholmissbrauchs könnte auch eine Mangelernährung eine Rolle spielen – sie führt zu einem Vitaminmangel, unter anderem zu einer Unterversorgung mit Vitamin B1.
Neuropathie: Vitamin-B12-Mangel, Autoimmunerkrankungen und weitere Ursachen
Daneben kann es noch weitere Gründe für die Neuropathie geben. Die wichtigsten sind:
- Vitamin-B12-Mangel, etwa durch eine einseitige Ernährung – gefährdet sind zum Beispiel Menschen mit veganer Ernährungsweise, die komplett auf tierische Lebensmittel wie Fleisch, Eier und Milchprodukte verzichten. Auch nach einer Magenoperation, zum Beispiel wegen Magenkrebs, kann ein Mangel an Vitamin B12 eine Polyneuropathie hervorrufen.
- Nierenkrankheiten (wichtige Nährstoffe werden vermehrt ausgeschieden)
- Lebererkrankungen
- Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) oder Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose)
- Infektionen mit Viren und Bakterien, z. B. Borreliose, Herpes simplex, Pfeiffersches Drüsenfieber
- Autoimmunkrankheiten, z. B. Guillain-Barré-Syndrom – die Nervenscheiden der peripheren Nerven nehmen Schaden
- Krebserkrankung – die Neuropathie kann ein erstes Warnsignal sein
- Chemotherapie bei einer Krebserkrankung – besonders platinhaltige Zytostatika wie Cisplatin fördern die Polyneuropathie
- Gifte, z. B. Arsen oder Blei
- Erbliche Faktoren – die Neigung zur Polyneuropathie kann auch vererbbar sein
Was sind mögliche Symptome einer Neuropathie?
Symptome entwickeln sich oft langsam
Eine Polyneuropathie kann sehr verschiedene Symptome hervorrufen. An welcher Stelle des Körpers sie sich zeigen und wie intensiv sie ausfallen, hängt von der Ursache und der Erscheinungsform ab. Meist entwickeln sich die Beschwerden langsam und schleichend. Anfangs sind sie oft mild ausgeprägt und die Betroffenen bemerken sie selbst kaum.
Bei einer Neuropathie aufgrund eines Diabetes kommen – je nach Form – verschiedene Symptome vor. Viele Zuckerkranke berichten ausschließlich von Gefühlsstörungen, andere von Gefühls- und Kraftstörungen und die meisten verspüren Schmerzen. In der Regel sind zunächst die Zehen und Füße betroffen, später auch die Finger, Hände und Unterschenkel.
Symmetrische Polyneuropathie: Symptome
Die Symptome zeigen sich zunächst meist an den Füßen, später auch an den Beinen und Händen. Die wichtigsten sind:
- Missempfindungen (Parästhesien): Kribbeln an Händen und Füßen („Ameisenlaufen“), Jucken oder Brennen
- Brennende, stechende oder bohrende Schmerzen in den Beinen, besonders an den Füßen („Brennende-Füße-Syndrom“ oder englisch: „burning feet syndrome“) – die Nervenschmerzen im Bein sind äußerst unangenehm
- Muskelzucken, Muskelkrämpfe, Wadenkrämpfe
- Taubheitsgefühl, pelziges Gefühl – viele haben zum Beispiel taube Zehen
- Gestörtes Schmerzempfinden und Schmerzunempfindlichkeit – die Grundlage für das Entstehen von Verletzungen und einem diabetischen Fuß
- Unempfindlichkeit gegenüber Temperaturunterschieden
- Starke Überempfindlichkeit gegenüber Berührungen, selbst bei leichtem Druck
- Muskelschwäche an den Füßen, Unterschenkeln und Händen – das Fußgewölbe oder die Zehen können sich verformen
- Gleichgewichtsstörungen, unsicherer Gang, eingeschränkte Bewegungskoordination
Die Symptome treten besonders in Ruhe auf. Viele empfinden Schmerzen in den Füßen beim entspannten Liegen auf der Couch oder nachts im Bett. Ein neuropathischer Fuß kann daher auch zu Schlafstörungen und Erschöpfung tagsüber führen. Bei manchen Diabetikern sind diese Missempfindungen und Nervenschmerzen in den Füßen und Zehen so stark, dass sie nachts selbst den leichten Druck der Bettdecke nicht mehr ertragen.
Zudem besteht die Gefahr, dass sich ein diabetisches Fußsyndrom entwickelt. Wegen der fehlenden Schmerzwahrnehmung bemerken viele kleinste Wunden an den Füßen nicht. Bleiben sie unbemerkt und unbehandelt, besteht eine hohe Gefahr von Infektionen und schweren Entzündungen, die sich bis auf die Knochen ausdehnen können – schlimmstenfalls droht die Amputation des Fußes.
Kribbeln in den Beinen in der Schwangerschaft
Viele Schwangere kennen das Phänomen der „kribbelnden Beine“. Meist beginnt das Kribbeln in den Beinen mit dem Einsetzen der Schwangerschaft. Und Frauen, die schon vorher unter einem Kribbeln in den Beinen und Füßen litten, verspüren während der Schwangerschaft oft eine Verschlechterung der Symptome.
Autonome Neuropathie: Symptome
Die autonome Neuropathie betrifft Nerven, die zum Beispiel den Herzschlag, die Verdauung, Blasenentleerung, Sexualität sowie den Blutzucker und den Blutdruck regulieren. Funktionieren diese Organe nicht richtig, können folgende Symptome auftreten:
- Herz-Kreislauf-Störungen, z. B. Herzrasen, Schwindel/Schwindelanfälle oder Ohnmacht beim Aufstehen
- Verdauungsprobleme, z. B. Völlegefühl, Durchfall oder Verstopfung
- Schluckbeschwerden, wenn die Nerven der Speiseröhre betroffen sind
- Übelkeit und Erbrechen, wenn die Entleerung des Magens zu langsam geschieht
- Verwirrtheit, Benommenheit oder Krampfanfälle, weil die Symptome einer Unterzuckerung fehlen (z. B. vermehrtes Schwitzen, innere Unruhe, Hunger)
- Unkontrolliertes Wasserlassen, unvollständige Blasenentleerung
- Potenzstörungen bei Männern, Erregungs- und Orgasmusprobleme bei Frauen
- Vermindertes Schwitzen oder Schweißausbrüche und Überhitzung an heißen Sommertagen, wenn die Aktivität der Schweißdrüsen beeinträchtigt ist
- Gestörte Nachtsicht und Sehstörungen, etwa beim Betreten dunkler Räume – die Pupillen reagieren verlangsamt auf Licht
Fokale Neuropathie: Symptome
Bei einer fokalen Neuropathie, die sich sehr plötzlich entwickelt, können folgende Symptome auftreten:
- Heftige Schmerzen am Oberschenkel, Bein oder der Gesäßhälfte, meist nur auf einer Seite. Die Folgen sind eine Schwäche im Bein und Muskelschwund – das Bein lässt sich kaum mehr einsetzen, etwa zum Treppensteigen
- Lähmungen der Augenmuskeln: Doppelbilder, Schmerzen hinter dem Auge, hängendes Oberlid
- Starke Schmerzen in der Brust, im Bauch oder in den Flanken
Wie wird eine Neuropathie diagnostiziert?
Diagnose bei der Ärztin oder beim Arzt
Die Diagnose einer Neuropathie beginnt immer mit dem Gespräch zu Ihrer Krankengeschichte, der Anamnese. Die Ärztin oder der Arzt stellt Ihnen einige Fragen, zum Beispiel:
- Welche Symptome haben Sie genau? Z. B. Beinschmerzen oder Schmerzen an einer anderen Körperstelle, Kribbeln, Taubheitsgefühle
- An welchen Körperstellen zeigen sich die Symptome?
- Seit wann bestehen die Beschwerden und wie intensiv sind sie ausgeprägt?
- Haben sich die Symptome zwischendurch gebessert oder sich kontinuierlich verstärkt?
- Sind Erkrankungen bei Ihnen bekannt? Z. B. Diabetes, Schilddrüsen-, Leber- oder Nierenerkrankung
- Gibt es Erkrankungen in Ihrer Familie?
- Wenden Sie Medikamente an, falls ja: welche und seit wann?
- Haben Sie beruflich mit Giftstoffen zu tun?
- Wie viel Alkohol konsumieren Sie?
Ihre Antworten liefern schon erste Anhaltspunkte, ob eine Neuropathie vorliegt und welche Ursache sie haben könnte. Dann folgt in der Regel eine neurologische Untersuchung, bei der Ärztinnen und Ärzte den Zustand und die Funktion der Nerven testen. Sie überprüfen, wie die Haut auf Berührung, Temperatur und Vibration reagiert. Außerdem testen sie die Muskelkraft, Reflexe, Koordination und das Gangbild. Hier erfahren Sie mehr zum Thema neurologische Tests.
Meist schließen sich weitere Untersuchungen an, um die Funktion von Nerven und Muskeln zu überprüfen. Die wichtigsten sind:
- Elektroneurografie (ENG) – zur Bestimmung der Nervenleitgeschwindigkeit. Geschädigte Nerven leiten die Impulse langsamer weiter.
- Elektromyografie (EMG) – zur Aufzeichnung der Aktivität einzelner Muskeln. Sichtbar wird, ob ein Muskel normal von einem Nerv versorgt wird.
- Elektrokardiografie (EKG) – eine Aufzeichnung der elektrischen Aktivität des Herzens, um eine autonome Neuropathie festzustellen.
- Ultraschalluntersuchung (Sonografie) der Harnblase – zeigt z. B. eine unvollständige Blasenentleerung an.
- Manchmal Gewebeprobe (Biopsie) aus den Nerven
Auch eine Blutuntersuchung ist manchmal hilfreich, um andere Erkrankungen als Ursache der Beschwerden auszuschließen. Bei Menschen mit Diabetes ist der HbA1c-Wert besonders wichtig („Blutzuckergedächtnis“). Er zeigt, wie gut der Blutzuckerspiegel in den letzten Monaten eingestellt war. Zudem lassen sich anhand der Blutwerte Entzündungen oder Antikörper nach einer Infektion nachweisen. Bei Alkoholkranken finden sich oft Anzeichen für einen Vitamin-B1-Mangel sowie erhöhte Leberwerte. Auch Vergiftungen lassen sich durch Blutuntersuchungen oft nachweisen.
Wie wird eine Neuropathie behandelt?
Neuropathie: Behandlung je nach Ursache
Die Behandlung der Neuropathie hängt von der Ursache und dem Ausmaß der Nervenschäden ab. Ist eine Grunderkrankung wie Diabetes dafür verantwortlich, behandeln Ärztinnen und Ärzte zunächst diese Erkrankung. Bei Menschen mit Diabetes sind für die Behandlung einer Polyneuropathie folgende Therapien wichtig:
- Langfristig gute Einstellung des Blutzuckerspiegels, um das Fortschreiten der Nervenschäden zu verhindern. Dies gelingt am besten mit Hilfe einer ausgewogenen Ernährung, mehr körperlicher Aktivität und Medikamenten.
- Vitamin-B1-Mangel ausgleichen – der Wirkstoff Benfotiamin kann einen Thiaminmangel als Ursache der Nervenschäden beheben und Symptome wie Kribbeln, Brennen und Taubheitsgefühle bessern. Benfotiamin ist eine fettlösliche Vorstufe des Vitamins B1, die der Körper wesentlich besser aufnehmen kann als Thiamin. Es kann günstige Effekte auf jene Mechanismen ausüben, die an der Entstehung von Nervenschäden infolge eines Vitamin-B1-Mangels beteiligt sind.
- Medizinische Fußpflege (Podologie): Professionelle Fachkräfte für die Füße können kleinere Verletzungen schnell aufspüren und ausreichend behandeln. So lässt sich das Risiko für ein diabetisches Fußsyndrom vermindern. Menschen mit Diabetes sollten jedoch auch selbst auf eine gute Fußhygiene achten (z. B. Reinigung mit Wasser und milder Seife, Eincremen, Fußnägel schneiden – aber mit Vorsicht!) und ihre Füße täglich selbst auf Schwielen, Risse oder Blasen untersuchen.
- Schmerzmittel, etwa die Wirkstoffe Pregabalin, Duloxetin. Auch manche Antidepressiva und Antiepileptika besitzen schmerzlindernde Wirkung. Stärkere Schmerzmittel sind Opioide. Ihre Ärztin oder Ihr Arzt kann Ihnen bei Bedarf und nach gründlicher Abwägung von Nutzen und Risiken ein für Sie passendes Schmerzmittel verordnen.
- Transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS) – sie kann manchmal Nervenschmerzen lindern.
- Physikalische Therapien: Dazu gehören zum Beispiel Physiotherapie (Krankengymnastik), Wärme- und Kälteanwendungen oder Bewegungsbäder. Solche Behandlungen können die Durchblutung fördern, Muskeln stärken und die Beweglichkeit verbessern. Auch Schmerzen können sie eventuell vorübergehend lindern.
Auch für andere Erscheinungsformen der Neuropathie, die nicht durch Diabetes bedingt sind, gibt es verschiedene Behandlungsmöglichkeiten.
Nervenschmerzen: Tipps und Hausmittel
Gegen Nervenschmerzen aufgrund einer Neuropathie können eventuell folgende Hausmittel helfen:
- Warme oder kalte Umschläge – nicht zu warm, nicht zu kalt
- Kiefernnadelöl – zum Auftragen
- Fichtennadelöl – als Salbe oder Badezusatz
- Chili- und Cayennepfeffer-Extrakt – der Inhaltsstoff Capsaicin hilft besonders bei Nervenschmerzen im Rahmen einer Neuropathie durch Diabetes
- Teufelskrallenwurzel – als Tee oder Fertigarzneimittel
Kribbeln in den Beinen – was hilft? Das fragen sich viele, die unter dem lästigen Symptom leiden. Ein Hausmittel gegen Kribbeln in den Beinen, brennende Füße oder taube Zehen, dessen Wirksamkeit ausreichend wissenschaftlich nachgewiesen ist, gibt es nicht. Aber manche sind eventuell einen Versuch wert. Probieren Sie aus, ob diese Hausmittel Ihnen helfen können, denn manche Betroffene haben damit gute Erfahrungen gemacht:
- Eiswickel
- Wärmflasche
- Bürsten oder Massagebälle mit Noppen
- Ansonsten könnten noch folgende allgemeine Tipps helfen, dem Entstehen oder Voranschreiten einer Neuropathie durch Diabetes vorzubeugen.
- Gesund ernähren: Essen Sie möglichst ausgewogen und vielfältig, zum Beispiel Vollkornprodukte, Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte. Sie enthalten viele Vitamine, Mineralien und Nährstoffe.
- Viel bewegen: Seien Sie möglichst viel körperlich aktiv in Ihrem Alltag und treiben Sie Sport (z. B. Radfahren, Wandern, Nordic Walking, Schwimmen). Auch Spaziergänge an der frischen Luft tun den meisten gut.
- Rauchstopp versuchen: Rauchen kann die Nervenschädigung verstärken und die Beschwerden verschlimmern. Versuchen Sie also, dieses Laster aufzugeben.
- Maßvoll mit Alkohol umgehen: Gegen ein Gläschen Wein oder Bier ist aber nichts einzuwenden.
Welche weiteren Folgeerkrankungen von Diabetes gibt es?
Diabetes und Folgeerkrankungen
Die Neuropathie zählt zu den Folgeerkrankungen des Diabetes. Allerdings kennen Ärztinnen und Ärzte noch andere Spätfolgen der Zuckerkrankheit – und zwar sowohl bei Typ-1 als auch bei Typ-2. Denn der Zucker greift nicht nur die Nerven, sondern auch die Gefäße in vielen Organen des Körpers an. Weitere diabetische Folgeerkrankungen sind:
- Diabetisches Fußsyndrom – aufgrund der Minderdurchblutung bilden sich schlecht heilende Wunden oder Geschwüre im Bereich der Unterschenkel und Füße
- Schäden an den kleinen Gefäßen (diabetische Mikroangiopathie)
- Schäden am Herz – die Folgen können die koronare Herzkrankheit und ein Herzinfarkt sein
- Schäden an den Blutgefäßen im Gehirn – ein Schlaganfall kann folgen
- Schäden an der Netzhaut des Auges (diabetische Retinopathie) – das Sehvermögen ist eingeschränkt und Betroffene können erblinden
- Schäden an den Nieren (diabetische Nephropathie) – die Nierenfunktion verschlechtert sich bis hin zum Nierenversagen, dann ist eine Dialyse notwendig
Um diese Folgen des Diabetes zu verhindern, ist ein dauerhaft gut eingestellter Blutzuckerspiegel besonders wichtig. Lassen Sie Ihre Zuckerkrankheit regelmäßig ärztlich kontrollieren und führen Sie die Behandlung so durch, wie Sie dies mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt besprochen haben.